3 Monate in Georgien: Ein Gespräch mit dem neuen Country Director

Seit 3 Monaten leitet Chris Langenegger die Geschicke von BPN Georgien und bringt frischen Wind in eine Region im Umbruch. Im Interview berichtet der neue Country Director von ersten Erfolgen, kulturellen Herausforderungen und seinem strategischen Blick auf die nächsten Schritte.

Chris Langenegger, Sie sind neuer Country Director der Stiftung BPN für Georgien. Erzählen Sie uns etwas von sich. Und was motiviert Sie, für BPN tätig zu sein?

Gerne. Ich bin 55 Jahre alt, verheiratet mit Keila und Vater unserer 15-jährigen Tochter Nina. Wir leben im schönen Zürcher Oberland und verbringen, wenn ich nicht für BPN reise, gerne Zeit in den Bergen beim Wandern oder Skifahren. Ich hatte das Privileg, während 25 Jahren international in grossartigen Unternehmen in verschiedenen Führungsrollen tätig zu sein, darunter 10 Jahre bei der HILTI Gruppe. Diese Zeit hat mir wertvolle Erfahrungen in Leadership, Strategie und Unternehmensentwicklung vermittelt und ich durfte viele wunderbare Begegnungen machen.

Was motiviert mich, für BPN zu arbeiten? Ich würde zwei Hauptgründe nennen: Erstens die werteorientierte und unternehmerische Kultur von BPN, die mich sehr anspricht. Zweitens meine persönliche Motivation, nach beinahe 30 Jahren im Corporate Life eine sinnstiftende Aufgabe im NGO-Bereich zu übernehmen. Die Möglichkeit, mit meiner Erfahrung einen Beitrag zur Förderung von Unternehmertum und nachhaltiger Entwicklung zu leisten, erfüllt mich mit grosser Freude.

Wie nutzen Sie Ihre Erfahrung, um Wirkung zu entfalten?

BPN stützt sich auf ein exzellentes 3-Säulen-Modell: Ausbildung, Coaching und Vernetzung über den Unternehmerverein. Meine berufliche Erfahrung kommt dabei insbesondere im Coaching zum Tragen. Durch gezielte Fragen möchte ich die Vision, die Träume und die Herausforderungen der Unternehmerinnen und Unternehmer verstehen. Mein Ziel ist es, sie zu befähigen, ihre eigenen Wege und Lösungen zu finden. So entsteht nachhaltige Wirkung, nicht durch Vorgaben, sondern durch Empowerment.

Wie fördern Sie unternehmerisches Denken im lokalen Team und bei den Unternehmerinnnen und Unternehmern vor Ort?

Damit wir unternehmerisch denken und handeln können, brauchen wir eine gemeinsame Vision, eine klare Strategie und definierte Ziele. Entscheidend ist, dass sowohl wir als BPN als auch unsere Unternehmerinnen und Unternehmer ihrem Team einen Sinn, im Englischen so treffend als Purpose bezeichnet, vermitteln können. Ein inspirierender Purpose setzt intrinsische Motivation frei und schafft die Grundlage für unternehmerisches Denken. So entsteht ein Umfeld, in dem Eigenverantwortung, Kreativität und nachhaltiges Wachstum gefördert werden.

Wie sahen Ihre ersten 3 Monate bei BPN aus? Wie sind Sie gestartet?

Exzellent! Ich durfte eine hervorragende Übergabe von meinem Vorgänger, Daniel Matter, geniessen. Diese Einführung vor Ort ermöglichte eine nahtlose Weiterführung seiner grossartigen Arbeit. Es macht grossen Spass und ist eine enorme Genugtuung, gemeinsam mit dem Team vor Ort die Weichen für eine noch bessere Zukunft zu stellen.

Wie beeinflusst die aktuelle politische Lage in Georgien Ihre Arbeit konkret? Z.B. beim Zugang zu Unternehmern, bei regulatorischen Fragen oder in der Zusammenarbeit mit Behörden?

Die aktuelle politische Lage hat uns und unsere Unternehmerinnen und Unternehmer stark betroffen. Nach Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs und einer positiven Stimmung bis 2024 hat die zunehmend autokratische und russlandfreundliche Regierung die Träume vieler Menschen und Unternehmen erschüttert. Das Team vor Ort musste lernen, mit Unsicherheiten und neuen Rahmenbedingungen umzugehen. Dies war eine grosse Herausforderung. Unser Fokus im Jahr 2025 lag darauf, die bestehenden Unternehmerinnen und Unternehmer im Programm und in der Unternehmervereinigung zu unterstützen, was uns sehr gut gelungen ist. Die Selektion neuer Programmteilnehmende geriet jedoch ins Stocken. Dank eines neuen, strukturierten Selektionsansatzes in Form eines Sales Funnels konnten wir diesem Prozess wieder Schwung verleihen. Erste positive Ergebnisse sind sichtbar: 6 engagierte Unternehmerinnen stehen bereit, 2026 mit dem Programm zu starten. Wir sind überzeugt, dass 2026 ein gutes Jahr wird. Wir haben gelernt, mit externen Herausforderungen umzugehen und uns auf unsere Stärken zu fokussieren.

Gibt es eine Eigenheit der georgischen Unternehmenskultur, die Sie anfangs überrascht hat – positiv oder negativ?

Ja, diese Eigenheit gibt es. (lacht) Ich wurde zwar bei der Einführung mehrfach darauf hingewiesen, dass Georgier sehr stolze Menschen sind. Dieser Stolz zeigt sich im Arbeitsleben oft durch eine gewisse Sturheit und eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten. In dieser Ausprägung habe ich das bislang in keiner anderen Kultur erlebt. Auf der anderen Seite sind die Menschen in Georgien unglaublich hilfsbereit und gastfreundlich. Sobald das erste Eis gebrochen ist, wird man mit einem grossen Herzen empfangen. Das ist eine wunderbare Erfahrung.

Was war Ihr bisher unerwartetstes Erlebnis in Ihrer Rolle bei BPN Georgien?

Bei meinem ersten Besuch hatte ich ein, auf Grund der aktuellen Lage im Land, enttäuschtes, unsicheres und beinahe resigniertes Team angetroffen. Was mich jedoch sehr gefreut hat, war die Offenheit des Teams darüber zu sprechen und der eiserne Wille, wieder auf den Erfolgsweg zurückzukehren. Für diesen Mindset-Shift waren einige intensive Workshop-Stunden nötig. Eine Investition, die sich absolut gelohnt hat. Heute sehe ich, wie fokussiert und engagiert wir den neuen Selektionsprozess umsetzen. Wir freuen uns auf 2026!

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